Kappadokien – Willkommen in Schlumpfhausen

Kappadokien

Auch wenn einer mit ausgeprägten erotischen Fantasien es anderes deutet, für mich muss es so in Schlumpfhausen aussehen. Häuser, die riesigen Morchelpilzen gleichen, rauchende Feenkamine, Gesteinsformationen mit Zipfelmützen und kunterbunte Ballons in einer bizarren Mondlandschaft.

Kappadokien ist wahrlich eine fantastische Welt zum Sehen und Staunen. Mitten in Zentral-Anatolien hat die Natur diese bizarre Landschaft entstehen lassen, die direkt aus einem Märchenland stammen könnte.

Wir haben im Frühjahr beschlossen, der Türkei einen Besuch abzustatten und uns selbst davon zu überzeugen, wovon unzählige deutsche Urlauber immer so schwärmen (sicherlich aus anderen Gründen wie wir).

Auf eigene Faust geht es mit Kind und Kegel von der Küste ins Landesinnere, dann kreuz und quer von links nach rechts und wieder zurück an die Küste.

Das Land und die Leute haben uns schwer beeindruckt und unsere Tochter schwärmt noch heute vom „Kinderwunderland Türkei“. Sicherlich werde ich der Türkei noch einen weiteren Blogeintrag widmen, doch Kappadokien möchte ich besonders hervorheben. Ist es doch eine so einzigartige Region. Noch nie habe ich Ähnliches auf der Welt gesehen. Klar kenne ich Höhlenwohnungen, seltsame Gesteinsformationen, Mondlandschaften und unendliche Weiten – Kappadokien aber vereint all das auf eine einzigartige, besonders fantasieanregende Art und Weise.

Schon unsere Anreise macht Lust auf mehr Türkei. Von Antalyas charmanter Altstadt (ja, wirklich!) arbeiten wir uns ein Stück an der Küste entlang vor über einen faszinierenden Bergpass bis nach Zentral-Anatolien und der Region Kappadokien.

Anreise nach Kappadokien

Pilzhäuser Kappadokien

Kappadokien – Spielplatz der Götter geformt von Feuer und Wind.

Kappadokien liegt umrahmt von zwei Vulkanen im Südosten der zentralanatolischen Hochebene. Vor Urzeiten haben diese beiden Vulkane riesige Mengen an Tuffasche auf das Gebiet in ihrer Mitte geschleudert. Im Laufe der Erdgeschichte hat sich die Asche zu Tuffstein verfestigt. Wind und Wetter haben aus diesem weichen Gestein eine Landschaft geformt, die einer alten Legende zufolge, als Spielplatz der Götter diente. Ohne großen Aufwand lassen sich in diesen Stein Kuhlen, Gänge, Treppen und Höhlen graben. Schon früh haben Menschen dort Schutz gefunden. So ist in der bizarren Natur eine Wohnkultur ganz eigener Art entstanden – die Felsenwohnungen von Kappadokien.

Kappadokien war auch eines der wichtigsten Zentren des Christentums und ist heute zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt worden. Die Christen fanden in den Höhlen Schutz vor ihren Verfolgern. Unter der Erde entstand so im Laufe der Zeit ein Labyrinth an Wohnungen, Kirchen und Klöstern. Es gibt Städte, in denen bis zu 20.000 Menschen wohnen konnten. Städte, die bis zu acht Stockwerke in die Tiefe reichten – ein ideales Versteck vor Angriffen jeglicher Art. Versorgt wurden sie durch ein ausgeklügeltes System von Luftschächten, Vorratsräumen und Wasserreservoirs. Einige dieser Fluchtstädte ließen sich mit riesigen Steinen schließen, sodass niemand, der von der Existenz der Orte nichts ahnte, auf die Idee kam, dort einzudringen.

All das und noch viel mehr kann man in Kappadokien besichtigen und auch tief hinuntersteigen in ein unterirdisches Stadtlabyrinth. Mich hat es aufgrund akut entstandener Platzangst (glaubt mir, ein wirklich unangenehmes Gefühl, das ich bis dato nicht kannte) jedoch nicht lange dort gehalten und ich musste wieder fluchtartig an die frische Luft.

Göreme-Kappadokien

Göreme aus dem Ballon

Urgüp, Göreme, und das Freilichtmuseum

Entspannt habe ich mich erst wieder in Göreme bei einem Tee in einem der zahlreichen, sympathischen Cafés.

Wer als Reisender Kappadokien aufsucht, landet fast unweigerlich in Göreme – einem schmucken, beschaulichen kleinen Ort, der vorwiegend von der Landwirtschaft lebt. Inzwischen bietet aber auch der zunehmende Tourismus immer mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für die Einwohner. An dieser Stelle sei gesagt, dass wir die Region im Frühling besucht haben und es wirklich beschaulich und ruhig dort zuging. Kaum Reisegruppen, keine Besuchermassen. Ebenso soll es im Spätherbst sein, und einen ganz besonderen Reiz soll die Region im Winter haben, wenn die Schlumpfhäuser weiße Zipfelmützen aus Schnee aufhaben.

Etwa zwei Kilometer vom Ortskern entfernt liegt das Freilichtmuseum Göreme, das Zentrum der Region. Hier befinden sich die restaurierten Kirchen, die zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert von den Mönchen in den Tuffstein geschlagen worden sind und die heute als Weltkulturerbe gelten. Wer sie besichtigen will, muss Eintritt zahlen. Doch ein Blick in diese von außen unscheinbar wirkenden Kulturdenkmäler lohnt wirklich. Auch die Gegend um Göreme herum bietet zahlreiche Einblicke in das frühere Leben Kappadokiens. Die großen unterirdischen Wohnanlagen wie Derinkuyu und Kaymakli sind für Geld zu besichtigen (was sich aus genannten Platzangstgründen für mich nicht gelohnt hat), aber es gibt zum Testen auch zahlreiche kleinere unterirdische Städte, die man in aller Ruhe und wenn die Psyche es zulässt, ohne Touristenrummel erforschen kann.

Sehenswert ist neben Göreme auch Ürgüp, wo wir uns niedergelassen hatten.

Ürgüp liegt nur 4 Kilometer von dem Catalkaya Tal mit seinen berühmten „Feenkaminen“ entfernt. Hier hat die Witterung mit der Zeit bizarre Formen aus dem Millionen Jahre alten Tuffstein geschliffen, die heute den Eindruck einer kargen Mondlandschaft vermitteln.

Ürgüp selbst ist etwas größer als Göreme. In der Stadt findet man viel traditionelles Handwerk wie zum Beispiel Teppichhändler, die original handgeknüpfte landestypische Teppiche anbieten. Zudem hat es sich mehr dem Boutique-Upperclass-Tourismus verschrieben. Hippe Höhlenhotels, charmante Restaurants und kleine Boutiquen gehören zum Stadtbild. Backpacker und einfachere Unterkünfte findet man in Göreme.

Ballonfahrt Kappadokien

Ballonfahrt über Kappadokien

Und wer das Land der Feen und Geister aus der Höhe erleben will, dem bieten verschiedene touristische Unternehmen Ballonfahrten an. Angeblich gehört eine Ballonfahrt zu den Highlights eines Kappadokienbesuchs. Und was soll ich sagen, natürlich haben auch wir es gewagt und es hat sich als ein wirklich ganz besonderes Erlebnis entpuppt, das ich sicherlich nicht so schnell vergessen werde.

Ich kann daher nur jedem empfehlen, sich frühmorgens zu jener unmenschlichen Zeit aus dem Bett zu schälen, um an einer Ballonfahrt teilzunehmen.

Aber Achtung, die Aktion ist besonders bei asiatischen Touristenhorden sehr beliebt. Ich möchte daher an dieser Stelle wieder auf die Nebensaison verweisen!

Von unserem Ballonerlebnis werde ich noch gesondert berichten.

Sonstige Fakten, Tipps und Hinweise:

  • Man sollte auf jeden Fall mindestens 3-4 Tage für die Region einplanen, um genügend Zeit zu haben, den Sehenswürdigkeiten die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Aber auch mal abhängen in den netten Pensionen, Cafés und Restaurants soll erlaubt sein – besonders lohnend zum Sonnenuntergang, wenn der Stein die Farbschattierungen des Himmels annimmt.
  • Aufgrund unseres lauffaulen Kindes sind wir nicht in den vollen Genuss der zahlreichen lohnenswerten Wanderungen gekommen. Outdoorfreaks stehen jedoch alle Möglichkeiten offen. Es gibt Wanderungen für alle Schwierigkeitsgrade – ob zu Fuß oder mit dem Muli – und geniale Mountainbikestrecken. In deren Genuss sind wir aufgrund des 1,10m großen Anhangs leider nicht gekommen. Seufz!
  • Kinder kommen in dieser Phantasiewelt voll auf ihre Kosten. Enge Höhlen, Felsvorsprünge zum Klettern, Feenkamine, Untergrundstädte, Ballons und allen voran die kinderliebenden Türken.
  • Ballonfahrten sind eigentlich erst für Kinder ab 6 Jahren erlaubt. Unseres durfte trotzdem mitfahren (augenzudrück)und unvergessliches erleben.
  • Wir haben im schönen Boutique Hotel Serinn House in Urgüp gewohnt. Man sollte generell zusehen in einem der zahlreichen charmanten Höhlenhotel unterzukommen. Es ist wirklich eine Show.
  • Ürgüp hat ansonsten nicht viel zu bieten. Ich weine allerdings immer noch den hübschen bunten Keramiksachen nach und bereue nichts gekauft zu haben. Macht mir das bloß nicht nach!
  • Gespeist haben wir durchwegs ganz besonders lecker. Ich mag die türkische Küche und auf uns „Vegantarier“ ist man immer problemlos eingegangen. Als besonderes Highlight ist mir das gemütliche Ziggy in Urgüp und Seten in Erinnerung geblieben. Letzteres war ein bisschen posh aber nicht minder charmant und selbst mit aufgedrehtem Kind hatten wir nicht das Gefühl lästig zu sein.
  • Das kleine zauberhafte Uçhisar möchte ich Euch ans Herz legen. Es ist ruhiger, ursprünglicher und nicht ganz vom Tourismus überfallen worden. Zum Sonnenuntergang sollte man auf das Castle hinaufsteigen, denn von dort blickt man direkt ins Rose- und Pigeon Valley, die sich im Licht der untergehenden Sonne wunderbar verfärben. Achtung beim Aufstieg etwas umsichtig sein, insbesondere mit Kids. Es gibt keine Absperrungen oder Sicherungen.

Kinder-Kappadokien

Kollage-von-oben

Kappadokien Kollage

Kappadokien Kollage 2

Collage Leben in Kappadokien

 Bilder: ©Privateigentum

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