Zur staaden Zeit im Hotel Wiesergut oder die Reduktion auf das Wesentliche
Nach dem Motto, wenn der Schnee schon nicht zu uns kommt, dann wir eben zu ihm, machen wir uns auf in die Berge für ein stimmungsvolles vorweihnachtliches Winterwochenende. Bei 15 Grad und Sonnenschein will in München einfach keine Weihnachtsstimmung aufkommen und der Stresspegel schnellt in dieser Zeit uneingeschränkt nach oben.
Sind wir doch mal ehrlich zu uns selbst, so ist die Zeit vor Weihnachten nicht wirklich die besinnlichste Zeit des Jahres, oder? Jeder stöhnt, lässt sich letztendlich vom Konsumwahn mitreißen und die Tempovorgabe lautet: schneller, lauter, hektischer.
Genau diese Zeit ist für mich die wichtigste Geschäftsphase im Jahr und die halbe Familie, inklusive mir, feiert in der Vorweihnachtszeit obendrein Geburtstag. Klingt, wie es ist, s-t-r-e-s-s-i-g!
Was soll´s, wir lassen trotzdem alle Fünfe gerade sein und haben uns die Tradition seit Jahren bewahrt, genau in dieser Phase, der eigentlichen staaden Zeit, wie wir in Bayern sagen, inne zu halten und den Rückzug anzutreten.
Die Adventszeit mag für jeden etwas anderes bedeuten. Ich mag es genau in dieser Zeit mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, einen Rückzugsort – am liebsten in der Natur, den Bergen – zu finden, der mir erlaubt, durchzuschnaufen, zur Ruhe zu kommen und Besinnlichkeit zu erleben. Zugegebenermaßen fliehe ich auch vor meinem Geburtstag und lasse mich, anstatt zu feiern, lieber gründlich verwöhnen.
Den Ort, der mir das uneingeschränkt ermöglicht, habe ich in Saalbach-Hintergelmm gefunden, im „Home of Lässig“, wie sich die Region bezeichnet. In der Tat ist die Dichte an lässigen Unterkünften und charmanten Skihütten hoch. Doch das wahre Home of Lässig, das Hotel Wiesergut, steht in Hinterglemm.
Wiesergut – Designhotel in Saalbach Hinterglemm
Geschaffen haben dieses Refugium Sepp und Martina Kröll, zwei herzige Menschen, die offensichtlich dem Jungbrunnen entstiegen sind. Wie sonst kann man so gut aussehen, ein Luxushotel mit zugehöriger Alm managen, drei Kinder zähmen, täglich, elf Monate im Jahr persönlich für die Gäste da sein und gleichzeitig noch einen Bauernhof betreiben? Dieser ist übrigens Sepp Krölls Herzensangelegenheit und ein Großteil der Produkte stammt aus der heimischen Landwirtschaft. Er züchtet Pinzgauer Rinder, betreut diese selbst auf der Alm. Um fünf steigt er dafür jeden Morgen aus dem Federn. Aber seine Girls, wie er seine Kühe nennt, sind ihm das wert. Man schmeckt´s. Die Girls geben hervorragende Milch, und Sepp Krölls Mama rührt noch selbst die Butter an und bäckt das Brot im Holzofen des Hotels.
So viel Bodenständigkeit mag man nicht so recht glauben, wenn man durch das Wiesergut, diesen Designertraum wandert. Aber spätestens beim ersten Bissen schmeckt jeder die viele Liebe und Naturverbundenheit, die im Essen und in jedem Detail steckt.
Mut, neue Wege zu gehen.
Kalkül, Mut, ein ganz klare Vision, harte Arbeit und noch viel mehr Herzblut haben die Krölls und ihre Angestellten investiert. Doch die Rechnung geht augenscheinlich auf. Blickt man sich um, wird ersichtlich, sie haben ihre Zielgruppe zu 100 % erreicht und jeder Gast scheint sich rundum wohl zu fühlen – inklusive uns.
Ein Glück, denn eigentlich hätte es anders kommen sollen. Sepp Kröll sollte das alteingesessene Hotel seiner Eltern weiterführen. Das Haus war gut besucht, nichts hätte sich ändern müssen. Aber der Trotzkopf hatte seine eigenen Vorstellungen und beschloss das ehrwürdige Wiesergut (1350 wurde der erste Hof auf diesem Grund erbaut) von Grund auf neu aufzubauen.
Er nimmt sich viel Zeit, lehnt Angebote, einen klassischen alpenländischen Hotelklotz schnell hochzuziehen ab, vertraut vielmehr seinem Instinkt, seinem Stilgespür und der Frauenpower des Architektenteams um Monika Gogel, in der er den idealen Sparringspartner gefunden hat. Im Stil des alten Gutshofs – weißes Herrenhaus, Remise, Garten in der Mitte und umlaufend die Gartensuiten – baut er das Wiesergut neu auf. Nichts im Wiesergut ist von der Stange, jedes Möbelstück, jeder Stoff individuell angefertigt und perfekt aufeinander abgestimmt.
Raum, Zeit und Individualität.
Das Haus hat vor allem Platz und viel Raum zur Entfaltung. Kein Schickschnack, sondern Naturmaterialien bestimmen das Bild. Die sieben offen gestalteten Gartensuiten mit viel Fichte, Nuss, Naturstein, Granit und hohen Glasfassaden sind das Highlight.
An der Decke der 45 qm großen Suiten, die man nicht mehr verlassen mag, und auch nicht muss, hängen mundgeblasene Leuchten. Ein offener Kamin, eine frei stehende Badewanne und ein Hot Pot auf der eigenen Terrasse vervollständigen den Wohlfühltraum. Das Essen wird auf Wunsch im Zimmer serviert. Kleine Wichtel erfüllen übrigens sowieso jeden Herzenswunsch.
Im Haupthaus gibt 17 „kleinere“ (nun ja, auch sie haben fast 40 qm) Gutshofsuiten mit ähnlichem Konzept, Bar und Restaurant. Letzteres agiert nach dem Slow Food Prinzip, zaubert die unglaublichsten, für uns vegetarischen Leckereien auf den Tisch und serviert diese – na erratet ihr es? – in natürlich handgemachtem Tongeschirr.
Das Frühstück kommt auf Etageren und im Servierwagen zum Tisch, immer garniert mit einem netten Schwätzchen mit dem Personal, die sich entweder die Vorlieben jedes Gastes heimlich notieren oder hellseherische Fähigkeiten haben.
Fazit:
Damit das alles hier nicht der Schwärmerei zu viel des Guten wird, beende ich das an dieser Stelle und gebe die Zusammenfassung kurz und prägnant in den Worten meines Mannes wieder.
Gesamteindruck: Ich würde einziehen.
Essen: Wenn es eine Köchin ist, heirate ich sie.
Weinauswahl: Gaaans, gaaanss hervorragend, kannisch noch einen?
Design: Hätte ich genauso gemacht.
Atmosphäre: Es riecht so gut.
Spa: ZzzZz, zZZz! Bitte hören Sie nicht auf, ich glaube hier an der rechten Schulter zwickt auch noch was.
Remise (Ski- und Bikeraum): Nehm ich als Ferienhaus.
Lage: Geht´s noch besser? (an der Piste, nur 10 Minuten ins Ortszentrum)
Entspannungsfaktor: Was? Wir waren nur drei Tage fort?
Service: Können die fleißigen Heinzelmännchen auch zaubern?
Wiederkommen: Siehe Gesamteindruck.
Gibt es etwas zu meckern?
Absolut nichts und glaubt mir, ich habe mit der Lupe gesucht. Es gibt nicht einmal eine vernachlässigte Ecke im ganzen Haus. Selbst der unterirdische Bademantelgang vom Gutshaus zum Spa hat Stil.
Was man sonst noch wissen sollte:
– Das Wiesergut ist ein Boutiquehotel. Alles ist sehr persönlich, wer Anonymität sucht, ist hier falsch
– Der Wellnessbereich ist mit einer finnischen Sauna und einem Dampfbad nicht riesig, muss es aber bei insgesamt nur 24 Zimmern auch nicht sein
– Kinder sind auf jeden Fall willkommen und haben garantiert Spaß im Garten und mit den süßen Katzen. Es gibt auch ein Spielzimmer. Aber das Wiesergut ist kein klassisches Familienhotel und die Gäste vorwiegend Paare.
Bilder: ©HIDDEN GEM; Titelbild, Lobby, Hotelsuite und Brot: ©Günter Standl
Disclaimer: Ich wurde vom Wiesergut zu diesem Aufenthalt eingeladen und man hätte mir keine größere Freude zum Geburtstag machen können. Ich bemühe mich trotzdem, objektiv zu sein und eine ehrliche Meinung zu vertreten. Gäbe es Kritikpunkt, würde ich diese nicht verschweigen. Ganz ehrlich, ich habe mich aber selten so richtig aufgehoben gefühlt wie hier.
Pingback: Skifahren in Krippenstein und Saalbach-Hinterglemm
TRAUMHAFT! Da hätte man mich auch raustragen müssen. Ich glaube ich sollte mir das mit dem Skifahren nochmal überlegen. Nur damit ich in solchen Hotels nächtigen kann. Ob Du es glaubst oder nicht….ich war noch niiiieeee im Winter in den Bergen und stand ergo auch noch nie auf Skiern 😉 . LG/ Nadine
Skifahren muss man nicht können, um die Berge zu mögen. Nadine, ob du´s glaubst oder nicht, die sind auch einfach nur zum Anschauen toll 😉 Und das Hotel will man sowieso nicht verlassen.
Was soll man sagen? Ein toller Bericht, ein super schickes Hotel & alles Gute nachträglich zum Geburtstag! 😀
.. da hätte ich mich auch gern mal hin einladen lassen. Scheint ein wunderschönes Hotel zu sein!
Lg Michael von Erkunde die Welt
Danke, Michael. Ist ja nun schon wieder eine Weile her. Ich bin nur immer so langsam mit meinen Berichten.
Erstmal nachträglich alles Gute!
Ein toller Bericht, hab die Bilder ja schon auf Instagram entdeckt. Und auch hier bleibt nur ein WOW!!!
Wenns nur nicht so weit weg wär…
Lg Nathalie
Mensch Eva, das Hotel ist ja der Oberhammer und Deine Fotos. Da kommt das Küstenkind ins Wanken, sich doch mal wieder Richtung Berge aufzumachen. 🙂 LG, Ines
du solltest es wagen!